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Der herkömmliche Wohnungsbau weist zahlreiche prinzipbedingte Ineffizienzen auf. So werden Schlafzimmer beispielsweise tagsüber weniger genutzt, während Wohnzimmer in der Nacht leer bleiben. Zu Zeiten explodierender Immobilienpreise, insbesondere in unseren Innenstädten, heizt der Wunsch nach Räumen, die nur einem einzigen Zweck dienen, die Preise weiter an. Angesichts eines in vielen Teilen der Welt steigenden Energieverbrauchs verursacht die Notwendigkeit, ungenutzten Raum zu heizen bzw. zu kühlen, nicht nur zusätzliche Kosten, sondern belastet zudem unsere Umwelt.

Eine Gruppe von Dozenten und Studenten der Ingenieurwissenschaften an der Virginia Tech University hat nun eine Lösung für diese Probleme ausgearbeitet. Ihre Vorführung eines vollfunktionsfähigen „Smart House“-Prototypen mit Räumen, die auf Befehl per Berührung, Stimme, Gestik oder Smartphone umkonfiguriert werden können, hat ihnen weltweit große Anerkennung eingebracht. Voraussetzung hierfür war die Möglichkeit, raumbreite, lasttragende Wände sanft und geräuscharm zu bewegen – was dem Team tatsächlich mithilfe von Linear-Antriebssystemen von Thomson Industries gelang.

„Das von uns gezeigte Modell besteht aus 18 vorgefertigten Modulen, jedes mit eingebauten elektronischen und mechanischen Bauteilen, die sich ganz einfach miteinander koppeln lassen. Einige der Module verfügen über verschiebbare Wände, sodass die Bewohner deren Größe entsprechend ihren wechselnden Bedürfnissen im Verlaufe des Tages anpassen können“, erläutert Joe Wheeler, Architekturprofessor an der Virginia Tech und Leiter des FutureHaus-Projekts, das von ihm so benannte „FlexSpace“-Konzept.

FutureHaus-Grundriss: Badezimmer und Küche bilden die obere Reihe, Arbeits-, Wohn- und Schlafbereich die untere. Über verschiebbare Wände in der unteren Reihe (alternative Positionen in Blau) können die Bewohner ihren Wohnraum je nach Tageszeit oder individuellen Bedürfnissen umgestalten.

Variable Größen

Laut Wheeler lassen sich mit dem FlexSpace-Konzept rund 140 m2 nutzbarer Wohnraum auf einer Grundfläche von gerade einmal 85 m2realisieren. Der Bereich von Arbeits-, Wohn- und Schlafzimmer lässt sich in diesem Prototypen beliebig aufteilen, indem die Trennwände verschoben werden.

„Wenn Sie Ihr Unternehmen von zu Hause betreiben und Platz für eine Besprechung benötigen, verschieben Sie einfach die Trennwand per Befehl in den ungenutzten Bereich des Wohnzimmers“, erklärt Wheeler. „Zum Feierabend schieben Sie die Wand wieder zurück und haben Ihr Wohnzimmer wieder in ursprünglicher Größe. In die Trennwand zwischen Arbeits- und Wohnzimmer ist ein großer Flachbildschirm eingelassen. Tagsüber kann er für Videokonferenzen zum Arbeitszimmer gedreht werden und abends zum Wohnzimmer, um Filme zu schauen.

Tagsüber wird die linke Trennwand des Wohnzimmers ins Wohnzimmer geschoben, um das Arbeitszimmer zu öffnen. Ein in die Wand drehbar eingelassener Bildschirm lässt sich für Videokonferenzen im Arbeitszimmer oder zur Unterhaltung im Wohnzimmer nutzen.

Genauso kann die Trennwand zwischen Wohn- und Schlafzimmer verschoben werden, um tagsüber ein größeres Wohnzimmer und zum Abend ein größeres Schlafzimmer zu schaffen. Beim Bett selbst handelt es sich um eine hochmoderne verstellbare Matratze, die sich in die äußere Schlafzimmerwand einklappt, sodass aus dem Schlafzimmer tagsüber ein begehbarer Kleiderschrank wird.

Eine Schlafzimmerwand (links) wird verschoben, um mehr Raum im Wohnzimmer zu schaffen (siehe Abbildung weiter oben).

Damit das problemlos funktioniert, müssen sich die Trennwände trotz ihres teilweise hohen Gewichts möglichst leicht, leise und sanft bewegen lassen. Beispielsweise ist an einer Seite der Trennwand zwischen Wohn- und Schlafzimmer das Sofa montiert, das mit verschoben wird. Die Schlafzimmerseite trägt wiederum einen voll bestückten, raumlangen Kleiderschrank und eine Kommode. Um derartige Lasten zu beherrschen, hat sich das Team für zwei elektronische Linearsysteme von Thomson entschieden.

Die Wahl des optimalen Systems

Das Universitätsteam kannte die Thomson-Antriebstechnologie bereits aus seiner Forschungsarbeit an einem früheren, ähnlichen Modell eines preisgekrönten, solarbetriebenen Wohnprojekts. Daher war man überzeugt, die passende Lösung gefunden zu haben.

„Wir brauchten einerseits die Verstellkraft, um lasttragende Wände einfach zu bewegen, und anderseits die Intelligenz, um dies bedarfsgeregelt zu tun“, so Wheeler. „Die Thomson-Technologie lieferte uns die notwendige Robustheit sowie die eingebauten Elektronik- und Kommunikations-Komponenten, die eine Einbindung in das Hausnetzwerk bei angemessenem Energieverbrauch ermöglicht. Ein kleineres System hätte hier versagt, während ein größeres die Kosten und den Energieverbrauch unnötig nach oben getrieben hätte.“

Das FutureHaus-Konstruktionsteam wählte daher für die einzelnen beweglichen Wände das Thomson-Linearsystem Movopart M55. Diese Einheiten verfügen über einen Riemenantrieb und spezielle Polymer-Lager, die eine sanfte Bewegung schwerer Lasten über größere Entfernungen erlauben. Jedes dieser Systeme ist rund 210 mm lang und bietet einen Verstellbereich von 175 mm, sodass sich das Wohnzimmer um rund 3 m in der Breite vergrößern lässt, wenn beide Wände bewegt werden.

Das Linearsystem Thomson Movopart M55 mit RediMount Motoranbau-Adapter ermöglichte dem FutureHAUS-Team ein sanftes Verschieben der Wände, um rund 3 m zusätzliche Wohnzimmerbreite zu gewinnen.

Um kostengünstige, einfach ansteuerbare Servomotoren nutzen zu können, hat sich das Team für Micron NemaTrue Planetengetriebe entschieden. Thomson hat diese Getriebe speziell für hochpräzise Achssteuerungs-Anwendungen entwickelt, bei denen es auf ein günstiges Verhältnis zwischen Drehmoment und Volumen, eine hohe Torsionssteifigkeit, einen geräuscharmen Betrieb und ein geringes Getriebespiel ankommt. Für eine fehlerfreie Befestigung der Motorwelle am Getriebe verwendet das System den Thomson RediMount™ Adaptersatz, der eine Montage in rund fünf Minuten erlaubt.

Die Sicherheit hat bei der FutureHaus-Entwicklung elementare Bedeutung. Um zu gewährleisten, dass die Antriebskomponenten optimal für einen sicheren Betrieb dimensioniert sind, haben die Thomson-Ingenieure die gewählten Komponenten durch das LinearMotioneering Auslegungstool des Unternehmens laufen lassen. Das Ergebnis war ein um das Zehnfache höherer Sicherheitsfaktor als für die angegebene Last und Geschwindigkeit erforderlich. Nach der Überprüfung lieferte Thomson das vormontierte Linear-Antriebssystem.

In der Praxis bewegen die Anwender eine Wand über Rollen, die an beiden Enden der Wand von der Decke hängen. Die Linear-Antriebssysteme befinden sich über der Decke nur an einem Ende der Wand und liefern die Verstellkraft, um die Wand über die Rollen hin- und herzubewegen. Sollte die Wand auf einen Widerstand treffen, wird sie von eingebauten Sensoren sofort gestoppt.

Das FlexSpace-Konzept integriert sich in vielfältige weitere futuristische Funktionen und brachte dem Team unter 18 weiteren Universitäten, die kürzlich an einem internationalen Solar Decathlon Design-Wettbewerb in Dubai teilgenommen hatten, höchste Auszeichnungen ein.

Abgesehen davon, dass es hochfunktionalen und ökonomische Wohnraum bietet, verwendet das FutureHaus vorgefertigte Bauteile, die mittels effizienter Massenfertigungsmethoden produziert, versandt und vor Ort zusammengebaut werden können. Das Team der Virginia Tech hat den gesamten, vollfunktionsfähigen Prototyp für den Dubai-Wettbewerb innerhalb von zwei Tagen aufgebaut – und wird das auch bei zukünftigen Vorführungen tun, beispielsweise am Amazon-Hauptsitz in Arlington, im US-Bundesstaat Virginia.

„Wir kratzen lediglich an der Oberfläche der Möglichkeiten, die sich hieraus ergeben“, ist Wheeler überzeugt. „Aktuell arbeiten wir an einem auf Bezahlbarkeit optimierten Modell – und wir haben eine ganze Reihe weiterer Eisen im Feuer. Wir wurden bereits von hochkarätigen Investoren angesprochen, die daran interessiert sind, das Konzept zu vermarkten. Und wir werden auch weiterhin mit Thomson zusammenarbeiten, um noch bessere Möglichkeiten zur Implementierung von FlexSpace und weiterer Lösungen für eine verbesserte Wohnraumnutzung zu finden.“

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